Teil 22: Pfeffer als Lösegeld
Als im 5. Jahrhundert die Westgoten Rom belagerten, forderte deren König Alaricher 1500 kg Pfeffer, als Lösegeld, um die Stadt zu verschonen. Die Römer gingen nicht auf dieses Angebot ein. So kam es im August 410 zur Eroberung Roms und damit verbunden zur dreitägigen Plünderung der ewigen Stadt. Dass sich die Stadt mit den 1,5 Tonnen Pfeffer eventuell hätte freikaufen können, deutet auf den hohen Wert des Gewürzes hin. Wenn man davon ausgeht, dass Alaricher tatsächlich dazu bereit war, einen Deal anzubieten, bedeutet dies, dass die geforderte Menge Pfeffer ein realistischer Gegenwert für Rom darstellte.
Doch was für Pfeffermengen werden heute, gut 1600 Jahre später, weltweit konsumiert? Ich versuche mich auf der Seite factfish.com schlau zu machen: Heute sind die grössten sieben Pfeffer-Anbauländer: Vietnam, Indonesien, Indien, Brasilien, China, Malaysia und Sri Lanka.
Für das Jahr 2016, mit einem Totalertrag von 546.259 Tonnen, sehen die Zahlen dieser sieben Länder folgendermassen aus: Vietnam 216’432t, Indonesien 82’167t, Indien 55’000t, Brasilien 54’425t, China 34’587t, Malaysia 29’245t und Sri Lanka 28’901t.
Interessant scheint mir, wenn man neben diesen Zahlen noch folgende Daten betrachtet: Wie viele Hektar werden im jeweiligen Land für den Anbau von Pfeffer genutzt? Hier treffen wir (mit einer Ausnahme) dieselben sechs Spitzenreiter an, doch es bestehen Unterschiede in der Reihenfolge: Indonesien, Indien, Vietnam, Sri Lanka, Brasilien, China und Madagaskar. Die Grösse der Anbaufläche ist nicht identisch mit der Grösse des Ertrages. Obwohl zum Beispiel Indonesien 168’080 Hektar für den Anbau von Pfeffer genutzt hat, ist der Ertrag von Vietnam mit seinen 81’790 Hektar um einiges grösser.
Und wie viel Pfeffer wird effektiv pro Hektar gewonnen? Auch hier stosse ich auf Daten, die ich so nicht erwartet hätte. Den höchsten Ertrag pro Hektar erbrachte Tadschikistan mit 124’254kg Hektogramm pro Hektar. Dann folgen Costa Rica, Kambodscha, Ruanda, Thailand und erst auf den Positionen sechs und sieben tauchen dann Malaysia und Vietnam auf. Könnte es sein, dass die Grossen Sieben deshalb verhältnismässig schlecht abschneiden, weil sie eine gesicherte Position auf dem Markt haben und daher bezüglich Innovationen eher träge sind? War das Jahr 2016 irgendwie ein spezielles Pfefferjahr? Wie hat sich die Pfefferproduktion in diesen Ländern über die Jahre hinweg entwickelt?
Die Stadt Rom hat heute grob viermal so viele Einwohner, wie damals, als Alaricher vor den Toren der Stadt stand – würden die heutigen Römer sechs Tonnen Pfeffer bezahlen, um sich frei zu kaufen?